Streuobstwiesenerfassung Aachen 2018

Im vergangenen Jahr 2018 wurde in ganz NRW Daten zu den aktuellen Streuobstwiesen erhoben. Für das Stadtgebiet von Aachen hat die NABU-Naturschutzstation diese Aufgabe übernommen. Zur Unterstützung konnte sie 15 Ehrenamtler des NABU-Stadtverbands Aachen gewinnen, die auf der ihnen vorgegebenen Kartengrundlage das Stadtgebiet von Aachen flächendeckend erfassten. Dabei nahmen sie die vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) vorgegebenen folgenden Daten auf:

  • Biotoptyp: „Streuobstwiese“ oder „Streuobstweide“
  • Mindestens 9 Obstbäume vorhanden
  • Bestandesalter: „Jungpflanzung“, „Normalbestand“ oder „Überalterter Bestand mit abgängigen Bäumen“

Zusätzlich wurde die exakte Baumanzahl festgestellt und die Flächen wurden mit Fotos dokumentiert. Die Daten wurden von Mitarbeitern der Station im Luftbild auf Plausibilität überprüft, gegebenenfalls korrigiert und in das Datensystem des LANUV eingegeben.

Streuobstwiese am Türmchen (Foto: M. Aletsee)

Da die NABU-Naturschutzstation schon 2007 im Rahmen einer Kooperation mit der Unteren Naturschutzstation (UNB) Aachen ebenfalls eine flächige Obstwiesenerfassung durchführte, lag es nahe die Daten zusammen auszuwerten und die Entwicklung der Streuobstwiesenbestände in Aachen zu vergleichen.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Streuobstbestände auf eine dramatische Weise verändert haben. So sind innerhalb von 11 Jahren beinahe 18 % der im Jahr 2007 noch vorhandenen hochstämmigen Obstbäume verschwunden. Entsprechend ist auch die gesamte Obstwiesenfläche um mehr als ein Viertel (28 %) gesunken. Diese Entwicklung spiegelt den dramatischen Verlust an Strukturelementen in der Offenlandschaft wieder und ist auch wesentliche Ursache für den Rückgang an Insekten und Vögeln.

Betrachtet man hingegen die Streuobstbestände mit mindestens 9 Bäumen pro Schlag, zeigt sich, dass die Anzahl der Schläge innerhalb von 11 Jahren mit deutlich weniger als 10 % wesentlich geringer zurückgegangen ist. Die Anzahl hochstämmiger Obstbäume auf diesen Flächen hat sogar einen Anstieg um 5,8 % erfahren. Dies ist ein Erfolg der konsequenten Naturschutzprojekte der NABU-Naturschutzstation und parallel durchgeführter Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Allein rund 500 Bäume, d.h. knapp 10 % des aktuellen Baumbestandes sind von der NABU-Naturschutzstation zusammen mit dem NABU-Stadtverband zwischen 2007 und 2018 gepflanzt worden. Die beiden Vereine fördern oder/und betreuen zusammen mit 31 ha Streuobstwiesen rund 20 % !!! des aktuellen Streuobstwiesenbestandes der Stadt Aachen.

Der Verlust an Kleinstrukturen wird durch den Vergleich der Gesamtheit aller Streuobstwiesen (mindestens 3 Bäume) und derjenigen mit einem Baumbestand von mindestens 9 Bäumen nochmals sehr deutlich, denn der Anteil an Schlägen mit mindestens 9 Bäumen war 2007 nur knapp die Hälfte aller Schläge (234 von 490), 2018 dagegen fast 2/3 aller Schläge (217 zu 360).

Insgesamt wird bei einem weiterhin starken Verlust von Streuobstwiesen deutlich, dass dieser durch die Bemühungen der letzten beiden Jahrzehnte auf der Ebene der großen Streuobstbestände gestoppt werden konnte. Die ökologische Wertigkeit der Flächen wird aber aufgrund des jüngeren Alters der Baumbestände erst in einigen Jahrzehnten und nur bei anhaltender Pflege und Nachpflanzung erreicht.

Auch die Unternutzung hat sich deutlich geändert. 2018 waren 155 der 2017 Flächen mit ≥ 9 Bäumen/Schlag beweidet und 58 wurden gemäht. War 2007 die Mahd im Vergleich zur Beweidung mit unter 9 % noch recht gering am Anteil der Grünlandnutzung auf Streuobstwiesen mit mindestens 9 Bäumen so lag sie 2018 bei rund 27 % der Schläge mit Grünlandnutzung. Der Steinkauz als charakteristische Art der rheinischen „kurzrasigen“ Streuobstweiden kann also nur bedingt von den Bemühungen zum Erhalt der Streuobstbestände profitieren.

Ansprechpartner:

Dr. Manfred Aletsee (Geschäftsführer der NABU-Naturschutzstation Aachen, Tel: 0241/9578 4536)

Hintergrund:

Im Zuge der Aufstellung des Landesnaturschutzgesetzes 2016 wurde zwischen dem Umweltministerium, den beiden Landwirtschaftsverbänden (RLV, WLV) und den drei Naturschutzverbänden NABU, SDW, LNU die Vereinbarung „Allianz für Streuobstwiesen“ beschlossen. Hieraus ergab sich die Aufgabe einer Basiserfassung (Ist-Zustand) der Streuobstwiesenbestände in NRW.