NRW-Stiftung und NABU Aachen legen für den Freyenter Wald Entwicklungsziel fest: Waldwildnis
Der Freyenter Wald südlich von Aachen wird Waldwildnisfläche. So ist der gemeinsame Beschluss der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege und des NABU-Stadtverbandes Aachen. Südlich von Aachen und unmittelbar an belgisches Gebiet grenzend liegt der Freyenter Wald. Er setzt sich auf belgischer Seite fort und verbindet den Aachener Stadtwald mit den großen Waldgebieten am Fuß des Hohen Venns. Schon 2020 erwarb die NRW-Stiftung gemeinsam mit dem NABU-Stadtverband Aachen das rund 60 Hektar umfassende Waldgebiet in der Gemarkung Lichtenbusch. Für den Kauf stellte die NRW-Stiftung einen Betrag von 930.000 Euro und der NABU einen Betrag von 97.000 Euro zur Verfügung.
„Dass der Wald dem Schutz der Biodiversität heimischer Wälder dienen soll, war von Beginn an klar“, so Claus Mayr, 1. Vorsitzender des NABU-Stadtverbandes Aachen und Dr. Manfred Aletsee, Initiator des Projekts und Leiter der NABU-Naturschutzstation Aachen. Wegen seiner Lage in einer geologischen Übergangszone gibt es hier sowohl kalkreiche wie kalkfreie Böden mit unterschiedlichen Nässegraden. Dies drückt sich in einer Vielfalt verschiedener Waldtypen aus, unter denen der Eichen-Edelholzwald und der Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenwald vorherrschen. Eingebettet sind sumpfige oder quellige Senken, die zum Iterbach, einem Nebenbach der Inde, entwässern.
„Das Thema Waldwildnis hat für die NRW-Stiftung eine hohe Priorität und der Freyenter Wald dient als wunderbares Entwicklungsbeispiel“, erklärt Prof. Karl-Heinz Erdmann, Vorstandsmitglied der NRW-Stiftung. Die Stadt Aachen wird dieses Ziel auch in die Naturschutzgebietsverordnung übernehmen. Somit sind auch zukünftige Akteure und Generationen zu dieser Zielsetzung verpflichtet.
Aber was bedeutet Waldwildnis nun eigentlich? Waldwildnisflächen sind eine besondere Schutzkategorie. Sie dienen dem Schutz der heimischen Biodiversität entsprechend der Nationalen Biodiversitätsstrategie nicht nur auf der Ebene des Artenschutzes, sondern auch auf Ebene des Systemschutzes. Das gesamte Ökosystem Wald wird geschützt. Jegliche Nutzung, insbesondere eine wirtschaftliche Nutzung, ist damit in Zukunft ausgeschlossen. Bäume dürfen ihr natürliches Alter erreichen. Womit im Freyenter Wald, wie in einem Urwald, insbesondere uralte Bäume, absterbende Bäume und Totholz ein wichtiges Ziel der Waldentwicklung sind, also diejenigen Phasen, die in einem genutzten Wald nur ausnahmsweise zu beobachten sind. Dennoch ist der Besuch des Waldes auch in Zukunft ausdrücklich erlaubt und auch gewünscht, natürlich nur auf den ausgewiesenen Wegen und entsprechend den Geboten und Verboten der Naturschutzgebietsverordnung.
Das Waldgebiet hat schon jetzt einen außerordentlich hohen Wert. Dies liegt zum einen an dem Standort, der als Waldgebiet erhalten geblieben ist und nicht der landwirtschaftlichen Nutzung diente, aber auch an der verhältnismäßig extensiven Nutzung durch den Vorbesitzer, die Gemeinde Raeren. So ließen schon die belgischen Förster in bestimmten Waldbereichen seit Jahrzehnten Totbäume stehen und nur parzellenweise Bäume aufforsten. Dies ist auch der Grund, weshalb eine eindrucksvolle krautige Waldflora mit Teppichen von Buschwindröschen und Maiglöckchen im Frühjahr blüht und seltene Arten wie die Grünliche Waldhyazinthe und der Mittelspecht einen Rückzugsort finden. Aufgrund der ruhigen, abgeschiedenen Lage sind auch Habicht und Rotmilan als Brutvögel vertreten.
Damit auf der überwiegenden Fläche aber wieder ein naturnaher Urwald entstehen kann, müssen in den kommenden Jahren Naturschutzmaßnahmen erfolgen. So werden unter der fachlichen Betreuung der NABU-Naturschutzstation Aachen nicht-heimische Arten wie die aus Nordamerika stammende Douglasie und auch die in unserer Region nicht heimische Fichte zurückgedrängt. Insbesondere die sogenannte Naturverjüngung und junge Anpflanzungen dieser Arten werden dabei im Fokus stehen. Schnell werden diese Flächen von heimischen Birken, erlen und später auch von der heimischen Stieleiche besiedelt.
Auch in seiner naturnahen Wasserführung soll dem Wald geholfen werden, denn viele hundert Meter Entwässerungsgräben durchziehen den Wald. Die Ursache für Hochwasserspitzen liegt vielfach in der Entwässerung landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzter Flächen. Im Freyenter Wald werden diese Gräben zukünftig durch kleine Dämme gestaut, womit die Bodenfeuchte über einen längeren Zeitraum des Jahres erhalten werden soll. Im Rahmen der Klimaerwärmung ein wichtiger Baustein, um diesen Wald zu erhalten. Der gesamte Prozess soll über viele Jahre dokumentiert werden. So sind Prozesse, wie Artenzusammensetzung, Altersaufbau der Gehölze und CO2-Speicherung des Waldes in Zukunft quantifizierbar.