Amphibienschutz im Steinbruch

Die Naturschutzstation Aachen engagiert sich im Rahmen des europäischen Projekts LIFE-BOVAR intensiv für den Schutz bedrohter Amphibienarten. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans), deren Populationen in Deutschland aufgrund von Lebensraumverlust in den letzten Jahrzehnten stark geschrumpft sind. Drei ehemalige Kalksteinbrüche im Süden von Aachen, deren Nutzung bereits vor Jahrzehnten eingestellt wurde, dienen nun als Modellgebiete für die Schaffung neuer Lebensräume.

Um den Amphibien geeignete Bedingungen für ihre Fortpflanzung zu bieten, wurde 2020 zunächst in einem dieser Steinbrüche je ein spezielles Betonbecken installiert. Eine ehemalige Verlade-Rampe wurde hierfür genutzt. Das so entstandene Becken simuliert die für diese Amphibienart so wichtigen nährstoffarmen, ganzjährig mit Wasser gefüllten Gewässer in direkter Nähe zu den Tagesverstecken in den nun ungenutzten Steinbrüchen.

Solche Biotope werden in der heutigen Kulturlandschaft immer seltener, da naturnahe, saubere Wasserstellen häufig durch landwirtschaftliche Nutzung und Düngung verloren gehen. Die neuen Wasserbecken fördern nicht nur die Geburtshelferkröte, sondern bieten auch anderen Amphibienarten und zahlreichen Kleintieren wertvolle Lebensräume.

Da die Maßnahme sehr erfolgreich umgesetzt werden konnte – heute existiert in dem Steinbruch eine stabile Population der Geburtshelferkröte – wurde aktuell in zwei weiteren Steinbrüchen jeweils ein Betonbecken gefertigt. „Auch hier gehen wir davon aus, dass sich binnen zwei Jahren stabile Populationen dieser auch ‚Glockenfrosch‘ genannten Amphibienart entwickeln“, so Dr. Manfred Aletsee, Leiter des Projekts „BOVAR“ für die Region Aachen.

Die Geburtshelferkröte hat im Übrigen ihren Namen deshalb, weil die Männchen die befruchteten Eier mehrere Wochen an ihren Hinterschenkeln herumtragen, bevor sie diese kurz vor dem Schlupf in ein geeignetes Gewässer ablegen. Ihr zweiter Name, Glockenfrosch, leitet sich von den hohen, glockenartigen Rufen her, die die Männchen zur Balz abgeben (Youtube-Video). Für den Menschen hören sie sich ähnlich wie ein elektronisches Gerät an.

Als weitere Besonderheit hat die Geburtshelferkröte sehr große Kaulquappen, die meist für ihre Entwicklung ein ganzes Jahr benötigen, d.h. im Gewässer überwintern. Dies ist unter anderem auch der Grund, warum relativ aufwendig Gewässer aus Beton installiert werden. Die Gewässer sollen nicht nur für einige Jahre sondern für Jahrzehnte der Geburtshelferkröten Lebensraum bieten. Für die naturschutzfachliche Umsetzung ist es dabei von großer Wichtigkeit, dass keine bestehenden Lebensräume zerstört werden, sondern möglichst industriell vorbelastete Standorte wie LKW-Rampen oder sonstige bereits betonierte/asphaltierte Flächen genutzt und damit aufgewertet werden.

Das Projekt LIFE-BOVAR ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den Verlust der Artenvielfalt und ein gelungenes Beispiel für aktiven Naturschutz in NRW und Niedersachsen. Neben der Anlage zahlreicher größerer und kleinerer Becken und Tümpel zur Bildung von Trittsteinbiotopen umfasst das Projekt auch die langfristige Überwachung von Amphibienpopulationen sowie die Einbindung der Öffentlichkeit durch Umweltbildungsmaßnahmen. Mit dieser Initiative zeigt die NABU-Naturschutzstation, wie ehemalige Industriestandorte erfolgreich renaturiert und zu wertvollen Lebensräumen für bedrohte Tierarten werden können. Dieses Projekt soll als Vorbild für ähnliche Maßnahmen in anderen Regionen dienen und so einen nachhaltigen Beitrag zum Artenschutz leisten.